Der ist kein Schriftsteller, dessen Gedichte niemand liest

Ein Fleck auf einem Hemd, auf meinem Hemd, das starrt vor Tiefenschmutz. Eine Reise über Täler, Hügel, Wiesen, Steppen auf meinem silbern im Halbmondlicht schimmernden Schimmel. Seit Tagen im Sattel, seit Stunden im Galopp. Die Abduktoren ziehen, unter meinem Sattel gart immer das nächste Abendessen.

Endlich eine Ortschaft. Ich nehme das Pferd auf meine Schultern und frage, ohne eine Antwort zu erwarten: “Kannst du Menschen sehen?” Es fühlt sich unwohl auf meinen Schultern, ich kann es an seiner Körperspannung erkennen. Ich lasse es herunter und gehe die letzten Meter zu Fuß.

Ein Mädchen kommt mir entgegen und hält ein Kästchen in den Händen. Sie neigt ihren Kopf und reicht mir das Kästchen. Es ist aus Metall und eher schlicht anzusehen. Ich will mich bedanken, doch Schaum tritt aus meinem Mund und erschreckt das Mädchen. Sie dreht sich um und flüchtet sich in die Schatten der Gebäude.

Das Kästchen ist etwa so groß wie eine Zigarrenkiste, doch schwer wie ein Ochse. Ich erwarte, dass es verschlossen ist, doch der Deckel lässt sich leicht verschieben. Ich beschließe, das Abendessen vorzuziehen und begebe mich zu meinem Schimmel. Ich habe das Garen von Fleisch unter dem Sattel von meinem Vater gelernt, doch habe ich das Konzept mit den Jahren verfeinert. So gibt es erst eine Tomatencremesuppe mit Butternockerln und anschließend Rotzungenfilets mit Sauce Remoulade an Teltower Rübchen. Mein Geheimnis besteht darin, dass ich vor dem Ritt die Rotzungenfilets 20 Minuten in Milchwasser einweichen lasse.

Derart gestärkt öffne ich das Kästchen und finde einen in der Mitte gefalteten Zettel. Auf ihm steht ein Satz, den ich weder verstehe, noch verstehen kann: Non scribit, cuius carmina nemo legit.

Ich weiß nicht, vielleicht war es der tagelange Ritt, vielleicht die Butternockerln, doch ganz plötzlich fühle ich mich krank. Krank und nutzlos. Und außerdem habe ich einen Remouladenflecken auf meinem ohnehin nicht sauberen Hemd.