Der Leprechaun

Als es einmal nur noch Trümmer und Tränen gab, baute man darauf ein neues Reich. Artig nahm man jedes Steinchen in die Hände und gab ihm einen Platz und das Versprechen, für alle Zeit dort stehen oder liegen bleiben zu dürfen.

Es ist ja nichts besonderes, etwas Neues zu beginnen, wenn das Alte in Schutt und Asche liegt und jeder sich wünscht, es wäre niemals da gewesen. Was bleibt einem schon übrig? Freilich, man könnte sich auch zum Sterben hinlegen, aber das ist nicht so einfach, wie man denkt. Der Körper klammert sich an das Leben und man muss ihm ungebührlich zusetzen, damit er es loslässt.

Es verhält sich so, dass niemand sich an den Rat hält, zu gehen, wenn es am Schönsten ist. Weil alle meinen, es sei noch nicht am Schönsten, sondern würde sicherlich noch etwas schöner, wenn man nur noch ein Weilchen bliebe. Nun haben mir aber meine Eltern eingebläut, die Dinge stets anders als üblich zu machen. Das Übliche war bei uns Zuhause nicht wohl gelitten; es wurde sogar als die Wurzel von Trümmern und Tränen angesehen.

Meine Karriere als Gastwirtin währte nur kurz, denn wer auch immer nach dem Üblichen verlangte, dem wies ich brüsk die Tür. Auch sonst habe ich es nicht weit gebracht. Allerdings verbrachte ich in meiner Jugend einen Sommer mit einem Leprechaun, der entgegen der landläufigen Meinung ein großzügiger Spaßvogel und höflicher Liebhaber war. Er lehrte mich das Schenken und wie man aus Schmerz einen Tanz machen kann. Ich verließ ihn, bevor die Abende kühl wurden. Zum Andenken schenkte er mir eine goldene Träne, aber ich brauche sie nicht, denn ich erinnere mich auch ohne sie mit großer Zärtlichkeit an ihn.