Die Erbschaft

Von meinem Vater habe ich einen Lustschutzbunker geerbt. Das klingt drolliger als es ist. Er starb mit Schaum vor dem Mund, was zu ihm nicht passte, zu den Umständen hingegen schon. Zeitlebens war ihm der Geifer fremd geblieben. Genützt hat es ihm nichts – obwohl – wie könnte ich beurteilen, woraus die Toten Nutzen ziehen? Sei es drum, der Bunker bietet mir Schutz vor ungünstiger Witterung, Bitternis und den Anwürfen der Menschheit. Hat die nichts Wichtigeres zu tun, als mir Gemeinheiten anzutun? Ich nehme das Allgemeine persönlich, so einfach ist das. Der Bunker zeigt mir durch eine Glasscheibe einen kleinen Ausschnitt der Welt. Mal ein Zweiglein, mal eine Schnellstraße, mal ein Liebespaar oder Staatsorgane in Phantasiekostümen, die Quertreiber totprügeln. Ich habe mir vorgenommen, alles aufzuschreiben.

Wenn es keinen roten Faden gibt, klebe ich die Begebenheiten eben mit Blut oder Spucke aneinander. Die Dinge müssen erzählt werden, da mag die Stimme noch so gellen.

„Nein! Schreib nicht! Halte lieber Ordnung!“

Wenn das Geschrei meine Ohren betäuben will, lege ich eben einen Walzer von Schostakowitsch auf. Der fiel in Ungnade, weil ihm beim Lobhudeln die Puste ausgegangen ist.

„Nein! Höre keine Musik! Ernähre dich lieber ausgewogen!“

Wenn ich keine Luft mehr bekomme, atme ich eben Brot.

Ich schnüre meine Schuhe und suche die Türklinke. Draußen schließt sich langsam der Jahreskreis mit Glöckchenklingen und Wehklagen. Man ertrinkt in eisigem Wasser oder wartet auf den Heiland, der einem allerlei Tand bringen soll. Ich wünsche mir einen Eisenstein und eine stumme Geschichte.