Ein Traum

Die Innennähte des Kostüms sind mit Nylonfäden vernäht, die mich ins Genick und unter die Achseln pieksen. Nicht nur da, auch anderswo piekst es; davon will ich gar nicht anfangen. Aber ich beklage mich nicht. Immerhin ist es eine Arbeit, die nicht allzu schwer ist. Andere müssen in Drecklöchern irgendwelche Erze mit bloßen Händen abbauen, das Ganze bei großer Hitze. Ich habe Filme gesehen, da wird es einem ganz anders zumute. Dagegen ist mein Tagwerk ein Traum. Man wirft mir Bälle zu, die ich nicht fangen kann und ab und an singe ich ein Lied, führe einen Tanz oder ein Kunststück vor. Im Grunde ist es egal, was ich mache. Hauptsache, es geht schief, denn nichts erfreut das Publikum mehr, als ein Mangel an Talent und schlechte Darbietungen.

Anfangs ist es mir nicht leicht gefallen. Ich komme aus einer anderen Zeit – ja, fast möchte ich sagen: aus einer anderen Welt, wo nur eine Bühne und Applaus bekam, wer nach harter Arbeit etwas Außerordentliches präsentieren konnte. Und selbst dann waren die zu erntenden Früchte oftmals kümmerlich und sauer.

Zwei Mal täglich gehe ich ins Amateurstudio und mache mich unter dem Johlen der Menge lächerlich. Sonntags habe ich frei und jeden Mittwoch bekomme ich umsonst ein Stückchen Kuchen in der Kantine. Mittlerweile ist mir die Arbeit in Fleisch und Blut übergegangen, so dass mir selbst alltägliche Verrichtungen misslingen. Heute morgen fuhr ich mir beim Zähneputzen mit der Bürste ins Auge, der Schlüssel fällt mir regelmäßig in den Gitterrost vor der Haustür. Aber ich beklage mich nicht, immerhin erkennt man mich auf der Straße und hat stets ein mitleidiges Lächeln für mich übrig. Andere müssen mit getuschten Wimpern bei ungewaschenen Soldaten auf dem Schoß sitzen und ein begeistertes Gesicht dazu machen. Nicht jeder ist es beschieden, einen Traum zu leben.