Étude

Ich vermute, und es ist nur eine ganz unwissenschaftliche Ahnung, die ich manchmal in einsamen Stunden für mich hege, dass meine Vorgesetzte eine Schwäche für mich hat und pflegt. Sagen wir doch, wie es sich mir darstellt: Sie himmelt mich an.

Wenn ich, über mein Mikroskop gebeugt, meiner Arbeit nachgehe und ihren Atem in meinem Nacken spüre, pimmelt es in meiner Hose. Das ist meist ein deutlicher und beweiskräftiger Indikator.

Sie lässt mich gerne länger arbeiten. Die Wissenschaft verlangt Opfer, sagt sie mit Blick auf die Ausbeulung unter meinem knappen Kittel. Unter der Linse meines Mikroskops wimmelt es: Pantoffel- und Unter-dem-Pantoffeltierchen tummeln sich, befummeln sich und geben sich einander hin.

Jetzt, da ich es niederschreibe, fällt mir auf, dass ich im Labor stets die etwas frivoleren Aufgaben zugeteilt bekomme. „Lass das doch den Mann machen“, sagt die Chefin meiner Chefin zu meiner Chefin, wenn es beispielsweise gilt, Laborratten vor Geschlechtsumwandlungen im Intimbereich zu rasieren. „Und lass ihn das kurze Schürzchen anziehen.“

Wenig später finde ich mich, angetan mit einem aufreizend kurzen Schurz, am Boden auf den Knien wieder, wo ich mit Rasierschaum und Messer versuche, Herr des Nagerschamhaares zu werden. Die Mitarbeiterinnen des Instituts johlen ob meiner Bemühungen und machen Pfeifgeräusche mit den Zähnen.

„Sein Hodensack erinnert mich an eine Kirchturmglocke“, sagte neulich eine Kollegin zu einer anderen, gerade so laut, dass ich es hören musste. Die Andere lachte und machte schmatzend malmende Bewegungen mit ihren breiten Hüften in meine Richtung, ein Anblick, der wiederum die Chefin meiner Chefin mühelos zu einem herzerweichenden Höhepunkt brachte.

Doch hört, ihr Leut’ und lasst euch sagen: Ich will mich nicht beklagen. Ich habe eine sichere Stellung hier und das ist viel wert in diesen Tagen.

Jetzt hat meine Vorgesetzte gerade den Raum verlassen und ich nutze die Gelegenheit, noch diese kurze Nachbemerkung zu verfassen. Ich muss ihr alles Geschriebene vorlegen oder vorlesen, gerade, wie sie es verlangt. Den vorliegenden Text hat sie mir abgenickt. „Aber wir sagen im Hause nicht mehr Umwandlung; wir vollziehen Geschlechtsanpassungen an unseren Ratten.“ So hat sie meinen Bericht kommentiert. Aber was weiß ich schon? Ich bin der Mann, der Tiere lediglich rasiert.