Wiedersehen mit Bad Sodom

„Veronika, ich glaube, der Frühling hält Einzug.“ Samuel Duda schaut aus dem Fenster und streicht sich Brotkrümel von der Trainingsjacke aus leichtem Synthetikstoff. Nicht, dass er vorgehabt hätte, sein Lauftraining wieder aufzunehmen – seit dem letzten Wettbewerb waren Monate vergangen, seit seinem letzten Training ebenso lang – die Jacke gibt ihm ein Gefühl von Sicherheit und Trost. Und Trost hatte er in den vergangenen Wochen dringend nötig gehabt, seit einem katastrophal verlaufenen Weihnachtsfest bei ihren Eltern, ist seine Beziehung zu Veronika bestenfalls als unterkühlt zu bezeichnen; Samuel Duda ist kein Optimist. Er glaubt nicht, dass es schnell besser wird.

Aus dem Schlafzimmer dringt verstimmtes Gemurmel. Veronika Duschek erwacht mühsam. Samuel kennt das; seine Freundin hasst von ihm mit, wie sie es nennt, ’seinen Nichtigkeiten‘ behelligt zu werden. Der Apothekerin wird der Alltag schnell zu viel. Ihr ist vor vier Tagen gekündigt worden und sie hat seither, wenn überhaupt, vielleicht 12 Sätze mit Samuel gewechselt.

Samuel Duda seufzt innerlich, an Sex war unter diesen Umständen natürlich nicht zu denken. Vergangene Woche hatte er unter der Dusche Hand an sich gelegt – Veronika war meist die letzte in der Apotheke und er hatte bis 19:30 Uhr Zeit für sich. Er war gerade dabei, Hände und Glied ausgiebig einzuseifen, da stand sie ganz unvermittelt im Badezimmer und funkelte ihn giftig an.

„Was machst du denn da?“, fragte sie Samuel, dessen Glied wie ein feuerroter Maiskolben aus dem weißen Schaum herausstand. „Kannst du dich denn nicht ein einziges Mal beherrschen?“

Sie spuckte ihren Unmut in das Waschbecken. Samuel Duda wünschte, dass sich der Blutstau im Geschlecht lösen würde, aber auf eigenartige Weise nahm seine Erregung angesichts der Peinlichkeit des Moments keinerlei Abbruch. Im Gegenteil, sein Penis pochte und pulsierte.

„Es ist alles aus“, sagte Veronika, die ihren angewiderten Blick aber auch nicht abwenden konnte. „Es ist vorbei.“

„Was ist vorbei, mein Kätzchen?“, fragte Samuel und versuchte eine Extraschicht Schaum zu erzeugen.

„Man hat mich erwischt. Auf frischer Tat. Mit der Hand in der Kasse, sozusagen. Gerade mache ich die Abrechnung, steht der alte Köhler vor mir und ruft: ‚Ertappt!‘ Das Arschloch hat mir aufgelauert.“

„Ich wusste überhaupt nicht, dass du Geld unterschlägst.“ Samuel Duda war ehrlich überrascht. „Ich meine, diese kriminelle Energie, die hätte ich dir gar nicht zugetraut.“

„Typisch. Du traust mir ja grundsätzlich nichts zu. Aber das Beste kommt noch. Köhler macht seinen Kittel auf und zeigt auf sein Ding. Da habe ich nur den Kopf geschüttelt und bin abgerauscht. Er hat mir noch hinterher gerufen, dass es mir noch leid tun wird. Und jetzt komme ich nach Hause und was sehe ich? Dich. Das da! Ist ja ekelhaft.“

Veronika Duschek deutete auf Samuels noch immer prachtvolle Erektion. „Wenn dich so eine Geschichte erregt, läuft wirklich etwas massiv falsch bei dir.“

Darüber nachsinnend, steht Samuel Duda am gekippten Küchenfenster, lauscht den Vögeln, dem vorbeiziehenden Verkehr und trinkt einen Schluck lauwarmen Kaffee. Aus dem Schlafzimmer erscheint die verheulte Freundin. Samuel kann den Schlaf auf ihrem Körper riechen. Sie sagt schnell etwas, das Samuel nicht versteht. „Was hast du gesagt, Kätzchen?“, fragt er ohne große Leidenschaft.

„Ich sagte, dass ich nach Afrika gehen werde. Bis Gras über die Sache gewachsen ist. Und nenne mich nicht immer Kätzchen. Ich hasse Katzen.“