An Tagen wie jenen oder Aequis aequus

Zu welchem Zeitpunkt musste Alexander Gauland (nicht verwandt) so herzlich lachen, dass ihm ein Knopf vom Hemd sprang? Es war der Augenblick, als der schwangeren Nachbarin ein Ziegelstein auf den Kopf fiel, der Stein zerbrach und sie sich erstaunt umsah, ohne jedoch die Ursache ihres plötzlichen Kopfschmerzes ausmachen zu können.

Wenige Stunden zuvor hatte sie noch mahnend zu ihrem Ungeborenen gesagt, dass die Welt außerhalb des Körpers ein rauer und ungemütlicher Ort sei. Das Kind solle nur gut auf die Worte der Mutter hören – die wisse, wovon sie rede. Und das Baby hatte lächelnd gelauscht und, von der Mutter unbemerkt, zur Antwort das Händchen gedreht.

Alexander Gauland (nicht verwandt) tastet im Halbdunkel seines Stadtviertels nach dem Knopf. Der Knopf hat sich indessen unter einer leeren Papiertüte versteckt und hält die Luft an. Alexander Gauland (nicht verwandt) unterdrückt einen Fluch – ihm liegt viel an diesem Knopf, man könnte mit einiger Berechtigung sagen, dass es sich um seinen Lieblingsknopf handelt. Er überlegt, was er wohl seiner Frau beim Nachhausekommen sagen wird. Sicher fragt sie ihn nach dem Knopf, sicher wird sie ihn schon an der Wohnungstür fragen, wo er gewesen sei, wo sich der Knopf befindet – und er wird, wie schon so oft, nicht wissen, was er ihr antworten soll.

Die Nachbarin hingegen kennt sich in ihrer eigenen Straße nicht mehr aus und irrt mit fast reifer Leibesfrucht im Bauch herum. „Will denn niemand Rote Beete kaufen?“, fragt sie. „Heute ganz frisch.“ Doch niemand zeigt Interesse an Roter Beete, der blutenden Frau oder ihrem Bauch.

Einzig Alexander Gauland (nicht verwandt) verspürt heißen Hunger auf die nahrhaften Wurzeln. Er hat in der Zwischenzeit seinen Knopf wiedergefunden und fühlt sich erleichtert wie selten zuvor.