In den Tagen der Angepasstheit, wo das Essen nicht mehr blutet, die Habenichtse hingegen schon, drehen die Autoren der Edition Groschengrab den Mist des Lebens zu Perlen. Worte suchen ihren Weg ins Freie. Die Edition Groschengrab hat es sich zur Aufgabe gemacht sie einzufangen. Die Buchdeckel müssen einladend sein, denn die Texte sind widerspenstig und eigenwillig: Sie gehen nicht mit Jedem. Das Anliegen ist, ihnen einen bequemen Platz einzurichten, wo sie sich gerne lesen lassen.

AUS DEM GROSCHENGRAB

Literarisches & Aktuelles

Das tückische Es

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„Man muss sich sputen, wenn man den Sonnenstrahl erwischen möchte. Wer trödelt, steht im Regen, ehe er es sich versieht.“ Das klingt nicht nur in meinen Ohren merkwürdig. „Was?“, brüllt der Hausmeister, als ich es ihm statt eines Grußes zurufe. Er weist mit einem fleischigen Zeigefinger auf den gelben Plastikhelm, der er neuerdings trägt. Ich wiederhole die Sätze etwas lauter und finde sie beim zweiten Mal abgedroschen und oberflächlich. Lieber würde ich über etwas anderes sprechen. Oder noch lieber über nichts. „Ich habe Sie schon beim ersten Mal gehört“, brüllt er. „Aber ich verstehe nicht. Der Helm schnürt mir das…

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Prozessor Hastig

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Neulich hatte ich Grund zu feiern und beschloss, mir trotz der großen Teuerung, die über das Land gekommen war, einen Falafel zu kaufen. Ich bestellte einen Teller und schaute mich im Laden um; ich war längere Zeit nicht mehr ausgegangen. Sie hatten natürlich die Preise erhöht und die Portionen verringert. „Alle Soßen?“, fragte mich der Händler. „Oder lieber nicht?“ Ich nickte, was seine Frage nicht beantwortete, aber mein Blick war auf einen unförmigen Kasten neben dem Drehspieß gefallen. „Was ist denn das für ein Ding da hinten? Das war aber letztes Mal noch nicht da.“ Er schüttete mit einer kleinen…

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Staubzeug

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Als der Reinigungsmajor vorigen Donnerstag zur jährlichen Inspektion in meine Wohnung kam, half es nichts, dass ihn die kindskopfgroßen Staubmäuse unter dem Tisch hervor böse anstarrten. Mit bis zur Stirn gerümpfter Nase tippelte er zwischen den Stapeln unerledigter Korrespondenz umher und sah sich nach einer Sitzgelegenheit um. „Hm“, brummte er, als ich mit dem Zeigefinger auf ein freies Plätzchen auf dem Sofa wies. Er ließ sich neben einem Haufen Schmutzwäsche nieder, betrachtete die gilben Staubfäden, die von der Decke hingen, und brummte erneut. Er machte sich Notizen auf seinem Klemmbrett. Das Kratzen des Stiftes machte mich nervös, also hielt ich…

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Fotogen

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An den Wänden Kalender vergangener Jahre, ein einzelnes Kinderbild daneben. Ich sei, so wurde es mir durch stete Wiederholung ins Bewusstsein geträufelt, ausgesprochen fotogen. Das muss etwas ganz besonders Gutes sein, so deutete ich die Blicke meiner Eltern auf die Bilder in den Papierumschlägen, die noch einen Hauch von Entwickler trugen. Lichterregend, so erklärte meine Schwester, sei das deutsche Wort für meine Eigenschaft, und das leuchtete mir ein, funkelte ich doch mit den Frühlingstagen um die Wette. Kaum dass ich auf Mitmenschen traf, erstrahlte ich, glühte förmlich, spendete Helligkeit und Wärme, als gäbe es kein Morgen. Heute verbringe ich die…

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