In den Tagen der Angepasstheit, wo das Essen nicht mehr blutet, die Habenichtse hingegen schon, drehen die Autoren der Edition Groschengrab den Mist des Lebens zu Perlen. Worte suchen ihren Weg ins Freie. Die Edition Groschengrab hat es sich zur Aufgabe gemacht sie einzufangen. Die Buchdeckel müssen einladend sein, denn die Texte sind widerspenstig und eigenwillig: Sie gehen nicht mit Jedem. Das Anliegen ist, ihnen einen bequemen Platz einzurichten, wo sie sich gerne lesen lassen.

AUS DEM GROSCHENGRAB

Literarisches & Aktuelles

Tanz der Ambivalenzen

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Einerseits mag ich keine Fremdwörter und den Witz mit Catherina Ambivalente habe ich bereits vor zehn Jahren in einem Text verbraten. Das passiert mit der Zeit immer öfter, dass ich eine schneidige Formulierung benötige, aber sie ist gar nicht mehr schneidig, sondern steht verbraucht und stumpf in einer alten Geschichte, für die sich schon niemand interessiert hat, als sie noch aktuell war, was eine Mischung aus Düsterkeit und Verbitterung in mir weckt, für die ich mich räche, indem ich ellenlange Sätze hinschreibe, die am Ende nichts aussagen, nur um meine Leser zu ärgern. Aber andererseits: Protoplasma. Das ist ein feines…

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Der Geisterfahrer

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„Ich bin nicht verrückt – ihr seid alle verückt. Total verrückt. Nicht ich.“ Niemand hörte zu, als Heinz „Hank“ Sibelius nach seinem zweiten Schönheitsschlaf aus dem geöffneten Schlafzimmerfenster den Spatzen predigte, und das wusste er auch. „Irre, völlig irre, wenn ihr glaubt, was ihr vorgebt zu glauben.“ Die Spatzen taten, was sie immer taten; ob er schlief oder ob er predigte, war ihnen eins: Sie pickten und zwitscherten, sie tschilpten und schnappten auf, was ihnen vor die Schnäbel kam. Heinz „Hank“ Sibelius schienen sie dabei nicht zu beachten. „Werdet wesentlich! Werdet endlich wesentlich! Dann mache ich auch wieder mit.“ Heinz…

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Parade im Regen

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Herr Klein schlurft durch den Matsch. Noch immer kein Regen, nicht im eigentlichen Sinn, der Vorhersage zum Trotz. Eher ein träger, klebriger Nebel aus verborgen gebliebenen Träumen. Er hat sich einen neuen Hut gekauft, einen Zylinder aus angetrocknetem Kartoffelbrei. Der passt hervorragend zu den Schuhen aus gebrochenen Versprechen, die er heute aus der untersten Schublade hervorgekramt hat. Am Straßenrand spielt ein Esel Akkordeon. Die Melodie, ein verquastes Klagelied über die Unmöglichkeit, Kreise zu quadrieren, während man gleichzeitig versucht, einen unsichtbaren Elefanten zu reiten. Herr Klein zupft an seinem Zylinder. Ein Mann kommt ihm entgegen, weint still vor sich hin. Seine…

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Die schwebende Kugel

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Die Leute dachten, es würde sich niemals etwas ändern. Doch seit der Haderlump ein Projektil mit seinem Ohrwaschel aufgefangen hat, ist nichts mehr, wie es war. Kreischend tanzt der Herr der Schöpfung mit seinen Lakaien, sie wirbeln in einer Mischung aus Bräsigkeit und Hysterie über die Bühne, präsentieren der Menge ihre roten Hinterteile und picken sich gegenseitig Flöhe aus dem Pelz, um diese dann in Siegerpose in die Höhe zu halten, während die anderen Primaten sich beschämt abwenden. Ich wünschte, das Publikum würde einfach gehen, die Bande unbeachtet stehenlassen. Oder wenigstens zu Seite treten. Dann wäre ich eine schwebende Kugel,…

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