In den Tagen der Angepasstheit, wo das Essen nicht mehr blutet, die Habenichtse hingegen schon, drehen die Autoren der Edition Groschengrab den Mist des Lebens zu Perlen. Worte suchen ihren Weg ins Freie. Die Edition Groschengrab hat es sich zur Aufgabe gemacht sie einzufangen. Die Buchdeckel müssen einladend sein, denn die Texte sind widerspenstig und eigenwillig: Sie gehen nicht mit Jedem. Das Anliegen ist, ihnen einen bequemen Platz einzurichten, wo sie sich gerne lesen lassen.

AUS DEM GROSCHENGRAB

Literarisches & Aktuelles

Ohne darüber nachzudenken

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Ich kann Soldaten nicht leiden. Mit ihren Sturmgewehren und Helmen und schweren Stiefeln jagen sie mir Angst ein, während ich zugleich ihre Ränge und ihr Kommandogebrüll lachhaft finde. Eine gefährliche Kombination, wenn man selbst unbewaffnet ist und auch so bleiben will. Nicht einmal ein Pfefferspray werde ich mir zulegen, egal wie viele Axtmörder mit dem Zug durchs Land fahren – aber das nur nebenbei. Ich kann Soldaten nicht leiden, selbst wenn sie meine Freiheit am Hindukusch verteidigen, wobei ich bis vor ein paar Jahren dachte, der Hindukusch sei ein Zauberer. Der finstere Bruder vom Zauberer Suseldrus genauer gesagt. Heute weiß…

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Kleine Ballade vom Gleichgewicht

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Bodacia Pelzfuß arbeitet im Tyrannenpalast. Sie schreibt Glückwunschkarten, Drohbriefe und Festreden für den Herrscher. Für gewöhnlich geht ihr die Tätigkeit leicht von der Hand. Die Ansprüche sind nicht hoch und von ihrem Bürofenster aus sieht sie grüne Hügel, die bis zum Horizont dahinwabern und das Gehirn in friedliche Stimmung versetzen. Aber heute will ihr gar nichts einfallen. „Eine kleine Ballade vom Gleichgewicht“, hatte der Tyrann auf den Fußspitzen wippend gesagt und die Lippen geschürzt, so dass er noch mehr als sonst wie eine Kasperlefigur aussah. „Die hätte ich gerne bis morgen. Als Geschenk für diesen widerspenstigen Ajatollah.“ Eine kleine Ballade,…

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Gold oder Wurstbrot

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Die Sachbearbeiterin sah mich an, mit diesem ungerührten Blick, der so typisch für ihre Zunft ist. Arbeitsaufnahme, das war ihr Stichwort. Bezahlte Tätigkeit. Als ob das so einfach wäre. Als ob mein Talent nicht weit über die tristen Angebote der Arbeitsagentur hinausginge. „Ich hätte da vielleicht eine Idee“, begann ich, und der Gedanke an eine glorreiche Karriere als Scharlatan oder, noch besser, als Heiratsschwindler, ließ mein Blut schneller fließen. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich bereits: Maßgeschneiderter Anzug, gewinnendes Lächeln, und die Kunst, Versprechungen zu machen, die so glänzend waren wie frisch geprägtes Gold. Eine Welt voller Luxus, finanziert…

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Wen man vor sich hat

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McMurphy spuckt seine Zigarettenkippe mit einem Schluck Rotwein aus und verzieht das Gesicht, als ob ihm der Wein nicht schmeckt. „Schmeckt dir der Wein nicht?“, fragt Gabriele Pelzfuß. Am Wein gäbe es nichts auszusetzen, antwortet McMurphy, es sei die Weltlage, die ihm das Gesicht verzöge. Weil man als Staatsmann sein Verhalten daran anpassen müsse, wen man vor sich habe. Früher sei das Gang und Gäbe gewesen, jeder Bezirksrat habe das gewusst, aber heute, mit den ganzen Flitzpiepen, die hätten keine Ahnung, wie man sich auf dem internationalen Parkett bewegt. Gabriele Pelzfuß wirft sich das Poliertuch über die Schulter und stellt…

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