In den Tagen der Angepasstheit, wo das Essen nicht mehr blutet, die Habenichtse hingegen schon, drehen die Autoren der Edition Groschengrab den Mist des Lebens zu Perlen. Worte suchen ihren Weg ins Freie. Die Edition Groschengrab hat es sich zur Aufgabe gemacht sie einzufangen. Die Buchdeckel müssen einladend sein, denn die Texte sind widerspenstig und eigenwillig: Sie gehen nicht mit Jedem. Das Anliegen ist, ihnen einen bequemen Platz einzurichten, wo sie sich gerne lesen lassen.

AUS DEM GROSCHENGRAB

Literarisches & Aktuelles

Der Eber und der Papst

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Es ist nun schon so lange her, aber ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre, dass wir Jungs im Kreis um ein selbstgemachtes Lagerfeuer saßen und Zigaretten aus Zeitungspapier und zerbröseltem, trockenem Laub rauchten. In unserer Bande herrschten der Eber und der Papst. Das Wort des Papstes war Gesetz, und wenn er sagte, wir rauchen, dann rauchten wir. Der Eber hieß eigentlich Volker Ebert, aber das habe ich erst Jahre später herausgefunden, als sein Bild von der einzigen Litfaßsäule im Ort herabblickte und für seine Körperarbeitskurse warb. Dass der Papst in Wirklichkeit Stephan Winkler hieß, erfuhr ich auf…

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Eine Zeit der rüden Worte

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Diese Gleichzeitigkeit von Todesangst und Sorglosigkeit erweckt den Wunsch in mir, die Leute zu schubsen oder zu stechen oder ihnen die Haut mit einem Spargelschäler abzuziehen. Irgendwas, damit sie danach tot sind jedenfalls. Es sollten überhaupt viel mehr Leute tot sein. Über die Toten spricht man nur Gutes. Einen angenehmen Umgangston gäbe es und mehr Platz und weniger Kohlendioxid und keine Massentierhaltung. Ein Spargelschäler? Echt jetzt? Das ist nur ein Beispiel, wie man mit einem an sich harmlosen Haushaltsgerät ein Blutbad anrichten könnte. Schau nicht so. Ich mache es ja eh nicht. Wie sollte das auch gehen? Die meisten Leute…

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Die Vorzüge eines Schaumbades

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Um zu erkennen, dass in der Welt etwas mächtig gegen den Strich gebürstet wird, braucht es beileibe keine Hochsensibilität. Auftritt dreier, nicht unbeleibter Damen, mäßig fortgeschrittenen Alters in meinem Badezimmer: Du musst unbedingt diesen Test hier machen, riefen sie mir zu. Ich bewundere mittlerweile jeden und jede, die es zustande bringen, das Grau des Lebens ohne den Einsatz potenter psychedelischer Drogen zu ertragen – mir will das nicht immer gelingen. Na, gebt schon her, den Wisch, erwiderte ich launig. Ich stieg aus dem Schaumberg, eine der drei Damen schnalzte anerkennend mit der Zunge. Das ist die Größe für 2 Schöße,…

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Schinderellas therapeutische Busfahrt

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Die Frau am Fahrkartenschalter schaut mich böse an, als ich ihr erzähle, dass ich bereits ohne Erfolg versucht hätte, die Karten online zu kaufen. „Bei uns gibt es nichts online“, sagt sie und spuckt in ein Porzellanschälchen auf ihrem Tresen. Dann verschränkt sie zufrieden die Hände vor dem Bauch und schweigt. Ich warte einen höflichen Moment und deute mit der Hand auf ein Schild, das an der Glasscheibe hängt. „Schinderellas therapeutische Busfahrt“, steht dort in gutgelaunten, bunten Buchstaben. „Zweimal, bitte!“ Die Frau betrachtet die Spuckebläschen in ihrem Schälchen, macht jedoch keine Anstalten, mir die Fahrkarten zu verkaufen. „Es soll ein…

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