Das Ehegrab

Mein Vetter Kopernikus bekam als Kind regelmäßig den Hintern mit dem Teppichklopfer versohlt. Wegen seines Humors. Kein Mensch in unserer Familie sagte übrigens Teppichklopfer. Der Pracker lehnte in der Küche meiner Großmutter bedrohlich schweigend neben dem Herd und wartete, bis die Späße meines Vetters seiner Schläge wert waren.

„Deine dummen Witze werde ich dir schon austreiben“, sagte meine Großmutter, doch es gelang ihr nicht. Kopernikus blieb lustig.

Als wir anderen Kinder auf weiterführende Schulen gingen, war Kopernikus längst dem Zischen des Prackers entflohen und arbeitete als Gärtner auf dem Friedhof, wo seine Schabernacke von den Toten unbemerkt blieben und die Trauernden aus Pietät keinen Teppichklopfer dabei hatten. Am liebsten vertauschte er Buchstaben auf den Grabsteinen oder ließ sie verschwinden.

Rotte Hugin stand zum Beispiel auf dem Grabmal des Friedrich Anzinger, der zudem über Nacht vom Prälaten zum Proleten geworden war. Niemand traute sich, Kopernikus Einhalt zu gebieten, denn er trug Großmutters Pracker am Gürtel, stets bereit ihn in – wie er sagte – himmlischen Kreisen zu schwingen.

Kopernikus starb vor seiner Zeit an der Franzosenkrankheit und bekam ein Ehrengrab an der Hauptallee. Nach drei Tagen erhob er sich aus dem Sarg und stahl ein R und ein N. Bei Vollmond kann man ihn über seine eigenen Witze lachen hören.