Der entmenschte Doktor Quarz und die anmutige Zanona

Eine Nebelkrähe und eine Saatkrähe vermag ich am Geräusch ihres Flügelschlags zu unterscheiden. Als ich vierzehn Jahre alt war, schickte mich mein Vater bei einem Taugenichts in die Lehre. Sieben Jahre blieb ich bei ihm, einem älteren Herrn mit nervösem Tick am linken Auge. Ich litt unter Heimweh und seinem Gejammer über den Niedergang und die rohen Sitten. Jeden zweiten Montag schickte er mich auf den Markt im nahegelegen Städtchen zum Herumlungern. Ich langweilte mich schnell unter den vielen Menschen. So schlich ich mich oft davon, in ein schäbiges Viertel mit engen Gassen, fernab vom Trubel des Marktplatzes.

Dort begegnete ich Doktor Quarz, dessen struppiges Haar unter einem Strohhut hervorlugte. Unbeeindruckt von der Sommerhitze hatte er den Mantelkragen hochgeschlagen und grobe Wollsocken bedeckten seine Fesseln. Er eilte durch die Gässchen, als suche er nach etwas oder jemandem. Als er vorüberging, ohne von mir Notiz zu nehmen, wehte mir sein Duft in die Nase. Nach gebrannten Mandeln, Himbeergeist und Xylitol. Er brummte unverständlich vor sich hin. Sogleich liebte ich ihn. Da ich schüchtern bin, folgte ich ihm schweigend, auf der Suche nach dem rechten Moment ihn anzusprechen. Darüber kam der Winter. Mit einem Ruck blieb er stehen und wandte sich nach mir um.

„So ein Flascherl mit Herzblut wenn ich noch hätte, das wäre was!“, rief er. „Das ist nicht so substanzlos wie Olivenöl und hält warm, wenn einen der Weltgeist mit eisigem Atem anbläst. Außer man lebt in den Tropen, wie mein Patenonkel Rabies. Er bewohnte eine Hängematte auf den Antillen, zusammen mit sieben räudigen Pinschern und wurde von den Einheimischen noch lange nach seinem Tod als Hundekönig verehrt. Fühlte er sich bleich oder setzte ihm ein fauliger Zahn zu, nahm er einen Schluck. Kaum berührte der Trank seine Kehle, wich alles Ungemach von ihm. Er starb viel zu früh am Sonnenbrand. Komm mit! Du musst mir behilflich sein.“

Seit langer Zeit bin ich nun schon bei Doktor Quarz. Für meine Liebe hat er nichts übrig. Er hat mir einen Käfig zurecht gemacht, zwischen dem Kamin und seiner großen Erfindung, dem Entmenscher. Dort sitze ich und lausche dem Rasseln seines Atems, das Überbleibsel eines Winterhustens. Allabendlich sieht er mich an und schüttelt traurig den Kopf über meine vergeudete Anmut. Eine logische Träne verfängt sich in seinem Bart. Dann steigt er in den Apparat. Uns trennt eine Schicht krauser Gedanken.