Der lächelnde Schamane

Meine Zeit mit McMurphy neigte sich dem Ende zu, aber das wusste ich damals nicht. Es ist eine Lüge, dass man den Menschen ansieht, wenn der Tod sich nähert. Rein gar nichts habe ich gesehen. Die schwarzen Härchen auf seiner Nase waren unverändert eklig und das feuchte Grunzgeräusch, mit dem er sein schepperndes Gelächter ankündigte – alles wie immer.

Der Schamane lächtelte.

Hätte ich geahnt, wie wenig Zeit uns beiden blieb, ich wäre ganz anders gewesen. Hätte nicht so viel genörgelt wegen Brandflecken auf der Tischplatte oder nächtlicher Anrufe. Wäre ihm nicht ins Wort gefallen, wenn er weitschweifig seine Gedanken erklärte. Hätte seine Lobpreisungen meiner grünen Augen nicht mit einer abfälligen Handbewegung abgetan.

Der Schamane lächelte.

Man denkt, man hätte alle Zeit der Welt miteinander. Später könne man immer noch freundlich sein oder flirten oder ihm lange in die espressobraunen Augen sehen. Nachfragen, wie dies oder jenes gemeint war oder sich die Kohärenz von Licht und warum man selbst genauso sei erklären lassen. Nebeneinander auf einer dieser Atlantikdünen sitzen. Das will man alles irgendwann machen. Und auf einmal geht es nicht mehr.

Der Schamane lächelte.

Der ganze Kummer wäre mir ohne diese Lüge erspart geblieben. Es geht gar nicht immer weiter. Es kommt nur ein einziger Augenblick und dann ist er für alle Zeit vorüber. Und wenn man den verpasst, ist das restliche Leben nur noch das Echo dieses einen Augenblicks.

Der Schamane lächelte mit schwarzen Zähnen.