Gottes alter Kuchen

Es regnet seit Wochen. Ich erinnere mich an einen Sonnenstrahl. Einem Zwicken links auf der Innenseite gleich. Wie kann ein Ding auf der Innenseite sein? Und ein Zwicken ist genaugenommen kein richtiges Ding. Man sollte sich säuberlich ausdrücken. Besonders, wenn die Umgebung neuerdings so heruntergekommen ist. Überall bröckelt und wackelt es, als sei die Welt vor langer Zeit aus Rührteig gebacken und anschließend im Küchenkasten vergessen worden.

Das stimmt übrigens. Gott war eines Tages voller Freude, denn er erwartete Besuch. Weil er selbst ein Schleckermäulchen ist und zudem kein lausiger Gastgeber sein wollte, buk er einen Kuchen. Unter großem Hosianna schüttete er die allgegenwärtigen Zutaten in eine Schüssel und rührte, als gäbe es kein Morgen. Doch der Besuch kam nicht. Es war wohl ein Malheur dazwischengekommen oder das Wetter war zu schlecht für den weiten Weg oder man hatte sich im Datum geirrt. Nach einer Weile jedenfalls wurde Gott des Wartens müde und machte etwas anderes. Vielleicht hat er in einem Heft geblättert oder eines von diesen Spielen gespielt, mit denen man die Zeit totschlägt, damit man die Enttäuschung nicht so spürt. Und Gott vergaß den Kuchen im Küchenkasten. Zeitalter kamen und gingen, bis die Erinnerung an das Gebäck nicht mehr war, als ein Zwicken links auf der Innenseite.

Papperlapapp. Gott kann wahrscheinlich gar keine Backrezepte. Es gibt ihn ja nicht einmal, wenn man der Aufklärung und der modernen Gesellschaft glauben mag. Er ist nicht mehr, als die Erinnerung an einen Sonnenstrahl, der vor Jahren, als es noch nicht geregnet hat, auf das Schnurrhaar eines Kaninchens in einem Kinderbuch gefallen ist.

Ich hätte noch eine andere Geschichte zu erzählen. Über eine Schnecke. Aber ich habe keine Zeit mehr. Ich steige in einen Regentropfen und besuche Gott, um mit ihm vergessenen Kuchen zu essen.