Keine Taube in der Hand

Der Mann ließ sich erschöpft auf die Bank fallen. Den Harzer Käse, der dort lag, übersah er.

„Ihnen ist nicht zufällig ein Stück Harzer Käse untergekommen?“, gurrte eine Taube. „Er ist mir sehr wichtig.“

Eine klebrige Kühle wanderte vom Hosenboden des Mannes sein Rückenmark hinauf.

„Ich sehe es Ihnen doch am Gesicht an, dass sie den Käse haben!“ Das Gurren bekam eine hysterische Note.

„Ich habe doch gar kein Gesicht“, erwiderte der Mann und rutschte verstohlen etwas hin und her. Er war müde von der Arbeit und hatte keine Lust, sich mit einer Taube zu unterhalten.

„Ksch, ksch, ksch!“, machte er und wedelte in Richtung des bläulichen Vogels.

Die Taube wich zurück und bog den Hals, der im Sonnenlicht schillerte, wie das Hinterteil einer Schmeißfliege.

„Wenn Sie nicht augenblicklich den Käse herausrücken, beschwere ich mich bei der Parkaufsicht“, drohte die Taube und sag sich hektisch um.

Der Mann zuckte die Schultern und streckte die Beine aus. Er schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken.

Die Taube flatterte davon und kreiste noch einige Male wütend über dem Mann. Gerne hätte sie gekotet, aber es kam nichts, wie immer, wenn man es brauchen könnte. Schließlich flog sie zum Häuschen der Parkaufsicht und beklagte dort den Diebstahl.

Der Mann wäre nicht so gemütlich auf dem Käse sitzen geblieben, hätte er geahnt, dass der Vogel Roch heute Dienst hatte.
Der schwang sich zornig in die Lüfte. Im Sturzflug ließ er sich auf den Mann fallen, packte ihn und schüttelte ihn zu Tode. In der Zeitung stand am nächsten Tag, ein arabischer Klan sei für den Tod des Mannes verantwortlich. Taube und Käse wurden mit keiner Silbe erwähnt.