Ruf der abendlichen Stadt, ungehört

Eine Sommerbrise ermuntert das Laub der Bäume zur Tuschelei, darunter betören sich die Zikaden. Mein Kühlschrank, bis zum Bersten gemästet mit Räucherwurst und orientalischen Pasten, brummt zufrieden in der Dunkelheit. In der Ferne lodert ein Konflikt. Ich höre Gekreisch durch mein Fliegengitter, das mir unliebsame Besucher vom Halse hält.

Eine Zusammenkunft ursprünglich feierlichen Charakters, von Alkohol und Drogen gelockerte Zungen sprechen Dinge aus, die sonst ungesagt bleiben, denn der Mensch will es sich in der Hülle des friedfertigen und moralischen Tiers gemütlich machen. Doch schon bald drängt langgehegter Groll zwischen die Ritzen des Futterals, angespitzte Worte durchdringen den Stoff. Ehe man es sich versieht, befindet man sich inmitten eines Scharmützels, Türen knallen, Fäuste fliegen und Tränen fließen. Ach je! Hätten die Geladenen doch den lockenden Worten des Gastgebers widerstanden, der ohnehin nichts anderes im Sinn hatte, als mit seinen durch zweifelhafte Geschäftspraktiken angehäuften Reichtümern zu prahlen und seinen weithin bekannten Geiz hinter dem dargebotenen Kartoffelsalat und den belegten Brötchen zu verbergen. Vielleicht soll aber auch nur ein Neugeborenes einem zornigen Gott geopfert werden, und die Mutter meldet im letzten Moment Bedenken an. Doch viel zu spät, denn die geistlichen Würdenträger wetzen bereits die Messer am Opferstein. So ist das hier bei uns.

Ein Wolkenbruch verbirgt den Fortgang der Geschehnisse vor meinen Ohren, nur die Stimme eines liebeskranken Katers durchdringt das Getöse des mit unendlichem Bedauern herabfallenden Wassers. Aus lauter Wohlbehagen wackeln meine Zehen in den weichen Pantoffeln.