Begegnung mit dem Gesundheitswesen

„Ich hasse es, schlecht vorbereitet zu sein.“
Völlig unerwartet richtete der ältere Herr neben mir im Wartezimmer das Wort an mich, nachdem wir bereits 15 Minuten schweigend nebeneinander gesessen hatten. Ich blickte ihn aus meinem müden Gesicht an und nickte unwillentlich.
Die Stimme des Mannes war heiser verschleimt. Er räusperte sich und fuhr fort: „Ich bin kein Unruhestifter oder Störenfried, beileibe nicht, aber wenn ich in meinen berechenbaren Gewohnheiten gestört werde, reagiere ich mitunter äußerst gereizt.“
Wieder nickte ich, das Gefühl kenne und teile ich. Auch ich konnte unwirsch werden, wenn sich meine Erwartungen nicht mit den Gegebenheiten in Übereinstimmung bringen ließen. Im Positiven wie im Negativen, möchte ich hinzufügen, da bin ich nicht wählerisch.
Als ich mich erkundigen wollte, worauf der Herr denn schlecht vorbereitet sei, rief mich ein fremdes Wesen in den Ordinationsraum. Ohne dass ich mich noch hätte verabschieden können, wurde ich von einem Sog ergriffen und in das Behandlungszimmer gezogen.
Statt meiner Ärztin saß da ein Wesen mit einem riesigen, zottelig behaarten Kopf, zähnefletschend, voll grünlich schimmerndem Seiber und einem Stethoskop um den Hals.
„Was kann ich für Sie tun, was fehlt Ihnen denn?“, fragte das furchterregende Wesen, nicht einmal unfreundlich.
Ich war so erstaunt, dass mir die Worte fehlten. Darauf hätte man sich aber auch wirklich nicht vorbereiten können, dachte ich noch, als mich das Wesen packte und in sein Maul stopfte. Es kaute auf mir herum, bevor es mich mit einem angewiderten Grunzen wieder ausspuckte.
Ich richtete mich auf, reinigte oberflächlich meine Jogginghose und holte mir vorne bei der Schwester die Krankschreibung ab, wegen der ich ja letztendlich gekommen war.
Im Wartezimmer saß niemand mehr, und doch hatte ich kurz das Bedürfnis mich zu verabschieden. Ich unterdrückte es und ging meiner Wege.