Das ‚alte Normal‘

Erzählt mir nichts vom ‚alten Normal‘. Ich will nichts hören über das ‚alte Normal‘. Stattdessen will ich von mir erzählen, denn ich warte schon so lange, warte, dass es endlich losgeht.
„Du hast wohl den Schuss nicht gehört“, sagt man mir, doch das stimmt bekanntlich nicht, habe ich doch bereits sehr früh im Leben den Schuss gehört, ja, hören müssen, der auf mich abgefeuert worden war.
Zuvor waren mir rechts drei Kinderrippen gebrochen worden – niemand weiß mehr, wie – oder ich lag mit mir selbst zugefügten Vergiftungen im Krankenhaus; meine schweren Verbrennungen – ein Unglück, wird sich bis heute erzählt – wurden mit Mittelchen zu Hause behandelt, nach guter und nicht so guter Großmütter Art.
Stumme Sprache, ich halte es, will ich Klarheit über die damaligen Verhältnisse, mit dem Unbewussten. Da verwende ich Chiffren und Schlüssel, verwende mir eigene Begriffe wie ein strenger Gutsbesitzer.
Wer ist denn ein besserer Botschafter meiner Selbst, wer mag der Herr wohl von diesem Häuschen sein? Häuschen klein und Häuschen mein.
So teuer, arm zu sein. Referenzen sprudeln aus mir heraus: Die schönen mit großen Augen, als hätten sie ein tätowiertes Schwein gesehen und die schlechten, denen man nicht entgehen kann, wie Flüche, wie Gerüche, wie Töpfe voll des alten Quarks, denen man nicht entkommt. Alles umgebender Quark, während der Frosch, der man ist, nicht mitbekommt, dass die Temperatur im Topf stetig steigt.
Ich bilde mir trotz allem weiterhin ein, ein Glückskind zu sein, in einer Schutzhaut geboren. Dasein bis, ja bis es nicht mehr weitergeht. 8 der 9 Leben eines Katers früh in Anspruch genommen, schleiche ich durch die Tage, um nicht anzustoßen, um bloß keinen Anstoß zu erregen.
„Traurige Existenz“, sagen sie und haben, wie immer, unrecht.
Mein ‚altes Normal‘, ich kann mich kaum erinnern. Ich weiß noch, dass es anders war, als eures.