Dazwischen

Lange bevor der Wecker klingelt, klopft es an meiner Wohnungstür. Zuerst denke ich, die Nachbarin über mir trommelt einmal mehr gegen die nächtliche Stille an, aber das Klopfen ist fröhlich und beschwingt. Ich will mir die Bettdecke über den Kopf ziehen, doch ein dicker Hund liegt auf dem unteren Zipfel und macht sich murrend extra schwer. Seufzend setze ich mich auf.
„Was ist denn?“, frage ich an der Tür.
Eine fremde Stimme fragt zurück: „Wie wünschen Sie sich Ihren Tod?“
Ich habe einen altmodischen Wecker, der stolz zwei messingfarbene Schellen auf seinem Haupt trägt. Fast möchte ich sagen, der Wecker sei urtümlich, aber das stimmt ja nicht, denn im Urtum – so sagt man doch, oder? – stand die Menschheit morgens mit der Sonne auf, sofern es überhaupt schon eine Menschheit gab. Nachts erfüllt sein Ticken den Raum und zerhackt meine Träume in verträgliche Portionen. Die Ziffern auf seinem Blatt strahlen in sanftem Grün in der Dunkelheit und versichern mir, dass wir unabhängig von jedweder Energiekrise pünktlich zu Terminen erscheinen können. Als ich auf das Zifferblatt sehe, leuchtet da gar nichts.
Es gibt einen Augenblick zwischen Tag und Nacht, wo die Erde sich die Bettdecke über den Kopf ziehen möchte, aber es geht nicht, weil ein dicker Hund auf dem unteren Zipfel liegt. Da ist es nicht mehr dunkel genug für das Radium und noch nicht hell genug, als dass man die Ziffern ohne radioaktive Hilfe erkennen könnte.
Das ist der Moment, in dem ich die Augen für immer schließen möchte.