Ein echter Mann

Auf dem Gehweg bleibt heute nur ein schmales, eisiges Band, auf dem man zwischen aufgetürmtem Schnee dahinwackeln kann. Vor mir geht ein Mann. In der einen Hand trägt er eine Plastiktasche mit Aufdruck eines Lebensmittel-Discounters, in der anderen hält er eine Leine, an deren Ende ein Schäferhund hängt. Der Mann stellt die Tasche in einer Mulde im Schnee ab und kratzt sich ausgiebig die Ritze zwischen den Hinterbacken. Da ich weder ausweichen noch überholen kann, betrachte ich sein Tun ohne Freude.

„Glauben Sie ja nicht, Sie könnten meine Tasche schnappen!“, herrscht er mich über die Schulter an. „Zeus, pass auf!“, schreit er danach.

Zeus, der Götternamensvetter nimmt ergeben die unwürdige Aufgabe an und lässt sich neben der Tasche im nassen Schnee nieder. Obschon es mich zuvor nicht gekümmert hat, will ich nun doch wissen, welche Schätze in dem unscheinbaren Beutel schlummern. Auf Zehenspitzen beuge ich mich vor und spähe hinein. Eine Dose mit Bockwürstchen und eine Tube mittelscharfen Senfs stecken zwischen einem Päckchen Taschentücher und einer Stange Lauch.

Der Mann fängt meinen neugierigen Blick auf und droht mir mit einem Sturmgewehr, das an einem Gurt um seinen Hals baumelt.

„Keine Sorge!“, raunt der Hund. „Das ist kein echter Mann.“