Hartmut und die Liebe

Hartmut Pelzfuß haderte mit der Liebe. Schon immer, wenn er ehrlich war und das war er. Zumindest bemühte er sich redlich darum.
Als junger Mensch hatte er freilich hin und wieder Leidenschaft verspürt, doch war diese stets flüchtig gewesen und es hatte nie lange gedauert, bis sich beim Objekt seiner Begierde allerhand unangenehme Kleinigkeiten einstellten, die mit spitzen Zähnchen an seiner Begeisterung nagten.
Hartmut erinnerte sich deutlich an ein Mädchen mit raspelkurzem Haar, blitzenden Augen und kolossalem Hintern. Wenn er ein wenig in seiner Erinnerung kramte, konnte er noch ihre Küsse schmecken, eine Mischung aus Apfelsaft und Gewitter. Wenn sie lachte, hatte sie sich immer die Hand vor den Mund gehalten. Diese Geste war Hartmut zunächst niedlich erschienen, doch mit der Zeit hatte er sie albern gefunden und am Ende ließ der Schwung ihrer Hand, die den Mund bedeckte, einen Regen aus klebrigem Ekel auf ihn niederprasseln.
Die wahre Liebe, von der überall die Rede war, die hatte um Hartmut Pelzfuß bisher einen Bogen gemacht – oder er um sie, so genau wusste er das nicht zu sagen. Es musste doch, so dachte er, auch ihm möglich sein, diese große Kraft irgendwo zu finden. Einen Menschen, mit dem er den Rest seines Lebens verbringen wollte, statt zu wünschen, ein Augenblick möge bis ans Ende der Zeit dauern, nur um dann voller Zorn und Enttäuschung an dessen Ende anzulangen.
Eines Tages beschloss er, die Luft anzuhalten, bis die Liebe zu ihm käme. Ob es wohl besser wäre, damit nach dem Einatmen oder nach dem Ausatmen anzufangen? Nach langem Hin und Her entschied er sich für das Ausatmen, denn er wollte schließlich der Liebe seines Lebens nicht mit lächerlich aufgeblasenen Backen begegnen.
Hartmut Pelzfuß rasierte sich, feilte seine Fingernägel und zog sein bestes Hemd an. An einem belebten Platz setzte er sich auf eine Bank und nahm ein paar tiefe Atemzüge. Er ließ alle Luft aus seinen Lungen entweichen und wartete.
Nach tausend Jahren kam sie endlich, in Gestalt einer älteren Dame mit einer Lackhandtasche. Sie nahm neben Hartmut Pelzfuß Platz und hielt ihm ein Fläschchen Riechsalz unter die Nase. Hartmut schnappte nach Luft und sie sahen sich an. Nach einer Weile standen sie auf, die Dame nahm seinen Arm und schleppte den entkräfteten und dehydrierten Hartmut in eine glorreiche Zukunft.