Schiffbruch

Ein junger Mann, ganz mager ist er. Wie auf dieser berühmten Photographie, die einige Häftlinge hinter Stacheldraht zeigt, nur dass sein Schädel nicht kahlgeschoren ist. Er trägt das Haar zu einer Welle geföhnt, die auf seiner Stirn sitzt. Ein Kapitell auf der Fontanell‘.

Mit Nachdruck setzt er seine Tasse auf dem Kaffeehaustischchen ab und ruft: „Ich überlege, mir ein Containerschiff zu kaufen! Ich habe es satt, immer nur die Brosamen aufzupicken und in meinen Jackentaschen zu sammeln! Mein Leben ist eine Auffädelung von Perlen, die im Ozean der Belanglosigkeit gewachsen sind. Eine stete Wiederholung von sich niederlegen und wieder erheben, essen, trinken, Spezereien zu Kot verarbeiten und ausscheiden. Aber ich will mich nicht beklagen. Anderen geht es ja genauso oder noch schlimmer. Und wem es nicht so fad beschieden ist, der wünscht es sich beschaulich.“

Die lange Rede hat ihm Schweißtropfen aus dem Kopf getrieben und die Welle wippt noch einen Augenblick, wie das Echo seiner Selbstlaute. Er langt in seine Jackentasche und nimmt nicht etwa die beschworenen Brosamen heraus, sondern einen Propeller. An einem roten Knöpfchen schaltet er ihn ein und kühlt sein Gesicht.

Die anderen Gäste fühlen sich durch das neue Geräusch belästigt. Augenbrauen ziehen sich zusammen und Missbilligung macht sich breit. Der junge Mann jedoch schert sich nicht darum. Er bläst sich mit Hilfe des Propellers die Haarwelle in Form. Das Gesicht hält er mit geschlossenen Augen in den Luftstrom. Als stünde er im Fahrtwind einer Yacht und führe durch eine Fernsehserie. Das Knurren der Gäste hält er vielleicht für sich aneinander reibende Taue.

Eine Dame am Nebentisch setzt seiner Traumreise ein Ende und lässt ihre Handtasche auf seinen Tisch niederfahren. Ein paar Hühner, die hinter der Theke auf einer Stange geschlafen haben, beginnen zu gackern. Der fette Wirt wird ungehalten und ballt die Fäuste zu haarigen Steinen. Der junge Mann wird sich der nahenden Gefahr bewusst. Er dreht den Propeller um und fliegt zum offenen Fenster hinaus in den Sommer.