In den Tagen der Angepasstheit, wo das Essen nicht mehr blutet, die Habenichtse hingegen schon, drehen die Autoren der Edition Groschengrab den Mist des Lebens zu Perlen. Worte suchen ihren Weg ins Freie. Die Edition Groschengrab hat es sich zur Aufgabe gemacht sie einzufangen. Die Buchdeckel müssen einladend sein, denn die Texte sind widerspenstig und eigenwillig: Sie gehen nicht mit Jedem. Das Anliegen ist, ihnen einen bequemen Platz einzurichten, wo sie sich gerne lesen lassen.

AUS DEM GROSCHENGRAB

Literarisches & Aktuelles

Rendezvous mit dem Maulaffen

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Als ich den Laden des Händlers betrat, blendete mich die muffige Dunkelheit des rundum mit den absonderlichsten Waren vollgestopften Innenraums, sodass sich meine Augen erst langsam an die Lichtverhältnisse gewöhnten. Der Händler war ein Mann von rundlicher Gestalt, ungefähr in meinem Alter. Er ließ sich durch meine Anwesenheit nicht von seiner Arbeit ablenken; er sortierte mehrere kleine Gegenstände auf einem Kissen aus dunkelrotem, flauschigem Samt. Ich räusperte mich und zeigte, auch um das Verkaufsgespräch in Gang zu bringen, auf das Teil, das der Händler als letztes in der Hand gehalten hatte. „Ich hätte gern das Ding da“, sagte ich und…

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Ein Nachmittag im Waschsalon von Kafka David Friedrich

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Eigentlich hat die Geschichte mit dem Saharastaub angefangen. Oder mit dem Duft der Blüten des Zierapfelbaums im Park. Das weiß ich jetzt nicht mehr so genau. In letzter Zeit merke ich mir die Dinge nur noch ganz kurz, damit ich offen für Neues bleibe. Der Saharastaub kommt gar nicht aus der Sahara, das habe ich irgendwo gehört. Das ist nur ganz gewöhnlicher Blütenstaub von irgendeinem x-beliebigen Baum. Linde oder Tanne, das weiß ich jetzt nicht mehr so genau. Jedenfalls nicht Zierapfel. Aber Sie wollen ja die Geschichte hören. Kein Schwein interessiert sich für Zierapfelbäume, obwohl die im Frühling einen betörenden…

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An den Ohren herbeigezogen

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Manchmal dauern die Dinge. Mit den Jahren stelle ich fest, dass einem im Leben insgesamt doch wenig Spontanes und noch weniger Plötzliches widerfährt. Umso erstaunlicher die Geschichte, von der ich heute erzählen will. Ich saß eines bewölkten Tages im April an meinem Schreibtisch und betrachtete die Härchen auf meinen Handrücken. Mal atmete ich links und ließ die Haare erzittern, mal atmete ich rechts. Meine Erinnerung ist nicht mehr, was sie vor der Pest war, und so weiß ich nicht, wie es kam, dass ich die Hände an den Kopf führte und mir mit rascher Heftigkeit an beiden Ohrläppchen zog. Als…

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Beim Barte der Prophetin

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In der Karwoche wird es Mona Pelzfuß immer ganz spirituell Zumute. Die übrigen Geschehnisse im Kirchenjahr berühren sie nicht. Die Familie Pelzfuß ist kommunistisch bis in die Knochen und der Klassenkampf ist Monas Lametta. Aber die Osterzeit! Verrat, Passion, Mord und Auferstehung. Da kann die Übernahme der Produktionsmittel durch das Proletariat einfach nicht mithalten. Allein die Namen der Tage bringen eine magische Saite in Mona Pelzfuß zum klingen: Palmsonntag, Gramdienstag, Karfreitag und so weiter. Mona Pelzfuß bindet sich den Prophetenbart um und übt Zuhause vor dem Spiegel ihre Bergpredigt. „Ich aber sage euch, der Schamhügel ist der Kalvarienberg des kleinen…

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