Bei Wasser und Brot

„Ich frage mich“, sagt der Mann und schlägt seinen Kragen hoch, „warum niemand dem Wasser Einhalt gebietet? So schwer kann das ja nicht sein!“
Er beugt sich vor und schöpft mit einem rosa Plastikeimerchen braune Brühe aus dem Strom, der unter seinem Fenster vorbeirauscht. Seine Wangen sind gerötet, als er den Eimer in die Kamera hält.
„Sehen Sie, so geht das!“, ruft er und verschwindet im Badezimmer. Kurz darauf erscheint er wieder. In der rechten Hand hält er ein dick belegtes Schinkenbrot.
„Sie sehen, ich bin auf alle Eventualitäten vorbereitet“, verkündet er stolz und hält der Reporterin das Brot entgegen. Sie weicht zurück, verliert das Gleichgewicht und beinahe fällt sie aus dem Schlauchboot, an dem aufgedunsene Schafskadaver vorübertreiben. Im letzten Augenblick hält sie der Kameramann am Regenmantel fest.
Der Mann lacht und jauchzt und winkt mit seiner Jause den schaukelnden Boviden hinterher.
„Und Sie weigern sich nach wie vor Ihr Haus zu verlassen?“, fragt die Reporterin und reckt den Hals, um einen Blick in die Wohnung zu erhaschen. Ein Kameraschwenk fängt die verwüstete Gasse ein, damit den Zuschauern die Dramatik der Frage klar wird.
„Nie und nimmer!“, schreit der Mann. „Ich habe hier alles, was ich brauche. Sogar einen Generator. Los, Helene, tritt in die Pedale! Gleich kommt die Sportschau.“
Die Reporterin spitzt die Ohren. Ganz leise, unter dem Rauschen der Fluten und dem Donnern der Helikopter hört sie eine Frauenstimme: „Ich mach ja schon, Holger, ich mach ja schon!“
Der Mann reibt sich zufrieden die Nase. „Ich bin dann mal fernsehen. Scheren Sie sich zum Teufel! Ahoi, Ahoi!“
Mit einem unwirschen Ruck zieht er die Gardinen zu.