Das Fell

Wie auch immer man die Dinge handhabt, irgendwo findet sich jemand, der etwas daran auszusetzen hat. Man muss sich nur Zeit nehmen und hartnäckig sein, am besten auch noch laut und reißerisch, denn unbemerktes Handeln bringt niemanden auf. Folge ich diesem Grundsatz, müsste sich doch auch jemand finden, der mir und meinen Taten frenetisch applaudiert oder wenigstens beifällig dazu nickt. Aber nichts da, von meinen Bewunderern fehlt seit Jahr und Tag jede Spur, mehr als ein Schulterzucken ernte ich nicht für meine Mühen.

„Sie sind zu zögerlich, meine Liebe“, erklärt mein Berufsberater „Mehr Gekreisch, mehr Schrillen, Blöken und Tröten ist da von Nöten. Jetzt ist Schluss mit dieser Leisetreterei. Ich streiche Ihnen die Leistungen, wenn Sie nicht bald wenigstens ein paar Nachläufer vorweisen können.“

Er ist hinter seinem Schreibtisch hervorgekommen und wedelt mit seinen kleinen Bürokratenhänden, um den Worten Nachdruck zu verleihen. Ich weiche seinem Blick aus und betrachte eine Topfpflanze, die mit hängenden Blüten neben dem Papierkorb steht.

„Und legen Sie sich endlich ein dickeres Fell zu. Ihre Empfindsamkeit macht mich narrisch.“

Er tritt näher an mich heran, zu nahe für meinen Geschmack, und schnuppert an den Zotteln auf meiner Schulter.

„Dieses müffelt auch schon ziemlich. Kein Wunder, wenn niemand Sie leiden kann.“

Er kehrt zu seinem Schreibtisch zurück und tippt angewidert auf der grauen Tastatur herum, die auf einer dunkelgrünen Schreibunterlage liegt. Vorsichtig und leise schleiche ich mich an die Topfpflanze heran und lasse mich im Schatten ihrer Blätter nieder. Das Bürokratentelefon klingelt und nach ein paar gebellten Befehlen hat er mich vergessen.