Der Regenbogenschöne ist gewöhnt zu bekommen, wonach es ihn verlangt. Möchte er zum Beispiel ein Tröpfchen Weinbrand in seinen Morgenkaffee, so eilt gleich eine seiner klugen und schönen Frauen mit einer geschwungenen Karaffe herbei. Das kommt allerdings kaum vor, denn Weinbrand am Morgen gehört nicht zu seinen Gewohnheiten und es käme ihm auch nicht den Sinn, sich von seinen Frauen bedienen zu lassen. Der Regenbogenschöne ist vorsichtig mit seinen Wünschen und Forderungen, denn er weiß, es wird ihnen umgehend stattgegeben. Das unterscheidet ihn von einem dahergelaufenen Fatzke, der denkt, alles müsse nach seinem Schädel gehen.
Die Dunkelmaus bekommt nie, was sie will. Sobald sich in ihrem Herzen ein leises Verlangen regt, entschwindet das Objekt ihrer Begierde, nur nicht weit genug, um vergessen zu werden. Möchte sie zum Beispiel eine dieser knusprig aussehenden Rosinenschnecken, die in der Auslage beim Bäcker zuckrig vor sich hin glänzen, kauft der junge Mann vor ihr sämtliches Süßgebäck auf einen Sitz. Nicht, dass es häufig vorkäme, denn die Dunkelmaus mag keine Rosinen und zudem will sie gerne auf ihre schlanke Linie achten, die – wie Sie sich denken können – leider unerreichbar ist. Die Dunkelmaus ficht all das nicht an. Unverdrossen wünscht sie mit großer Leidenschaft Dinge, Erlebnisse, Abenteuer und Gefühle für sich und andere. Das unterscheidet sie von einer verbitterten Kanaille, die ihren Mitmenschen jede Annehmlichkeit missgönnt.
Der Regenbogenschöne und die Dunkelmaus treffen sich nie. Der Rest der Menschheit hat die Aufgabe, für ausreichenden Abstand zwischen den beiden zu sorgen.
„Weil, wenn die beiden sich je begegnen, …“, raunt mein Hauswirt, Herr Wadenpock, als er mir im Wäschekeller über den Weg läuft.
„Ja, was passiert denn dann?“, piepst die Dunkelmaus im Wald.
„Was soll da schon passieren?“, dröhnt der Regenbogenschöne über die Stadt.
„Nun sagen Sie schon!“, dränge ich Herrn Wadenpock.
Der Hauswirt fährt mit düsterer Miene fort.
„Die bekommen dann Kinder. Dunkelschöne Regenbogenmäuse. Mit Haaren wie Büffel und Zähnen wie Tiger. Die werden so groß wie die Alpen. Menschenfressende Biester sind das. Die machen kurzen Prozess mit uns. Rette sich, wer kann!“
Zuhause hole ich ein Fässchen Butter aus dem Schrank und baue eine Dunkelmausefalle. Die werden schon sehen, was sie davon haben.