Die Seegullen

Eine eigens für diese Zwecke abgerichtete Meerkatze erzählt eines windstillen Abends dem Schiffsarzt Callico folgende Geschichte: „Seegullen flogen an der Strandpromenade über die Touristen hinweg, praktisch unbemerkt. Einzig Callico, der Aufmerksame, erfreute sich an der Waghalsigkeit, am Wagemut ihrer Flugmanöver. Die Seegullen hatten sich zu dritt ein Kleinkind geschnappt und stritten um die Beute.

Voll innerer Verwegenheit wog Callico Für und Wider einer Rettung ab. Seit den frühen Morgenstunden hatte er überlegt, was es dieser Tage braucht, um als der Held, der man ist, erkannt und anerkannt zu werden. Zuhause, hatte Callico, der Unschlüssige, befunden, war die Möglichkeit, Heldentum zu beweisen, als gering einzuschätzen. Deshalb hatte er sich auf sein Fahrrad gesetzt und war losgefahren. Jetzt war er Zeuge eines Kinderraubs geworden und er konnte sich gut vorstellen, wie ihn die Rettung des Knirpses in alle Munde und die Zeitung bringen würde.

Als er sich endlich entschieden hatte einzugreifen, war den diebischen Seegullen die Beute schon zu schwer geworden und das Kleinkind fiel 20 Meter in die Tiefe, direkt in den Kinderwagen, aus dem die Vögel es zuvor geraubt hatten. Callico schob das Fahrrad an den nichtsahnenden Eltern vorbei und zwinkerte dem Kleinen zu. Er wollte noch etwas sagen, aber er sah, dass die Seegullen beide Ohren des Kindes abgerissen und behalten hatten.“ Die Meerkatze erwartet eigentlich eine Pistazie als Belohnung für die Geschichte, doch der eitle Schiffsarzt schläft bereits.