Farbenlehre

Die Zeit war gekommen, dass ich vor dem Spiegel stand, als eine Hand die Oberfläche durchstieß und mich auf die andere Seite zog; der Sog ließ nicht nach bis ich mich auf einer Wiese wiederfand und ein alter Mann mir den Weg versperrte.

„Willst du mein Gefährte sein?“, fragte er mit einem Unterton, der mein Misstrauen weckte.

Ich schüttelte den Kopf, da packte er mich bei den Schultern – seine Finger bohrten sich schmerzhaft in mich. „Denn wisse: das Gras ist nicht grün, auch wenn es dir Gewohnheit geworden ist, es grün zu sehen.“

Er lockerte den Griff und raunte: „Das Gras auf dieser Seite des Spiegels ist orange. Orange. Alles ist orange, sieh dich nur um!“

Schon schien es, dass sich die Farben seinem Willen beugten, doch ich schloss rasch die Augen und redete mir ins Gewissen. „Das Gras ist grün wie immer. Das Gras ist grün wie immer. Das Gras war niemals grüner.“

Der alte Mann bemerkte meinen Zwiespalt, meinen Wankelmut und lachte: „Sieh dich in aller Ruhe um, sieh dich nur immer weiter um. Du wirst schon sehen, wirst schon sehen, wirst schon noch sehen.“

Und ich sah.