Andere Zeiten

„Kauft, Leute kauft! Ein neues Zeitalter bricht an, das will man doch nicht mit altem Kram willkommen heißen!“

Der Mann schwingt eine Glocke und zieht seinen Karren über den Platz. Für einen Esel fehlt ihm wohl das Geld. Unter den Rädern zerplatzt der Splitt mit Knirschen und Knacken. Das alte Zeitalter geht ohne Schnee zu Ende, und doch ist man auf Glatteis vorbereitet. Wer weiß, was da noch alles kommt. Murmelndes Volk drängt sich um den Alten, der mittlerweile die Plane zurückgeschlagen hat, damit man seine Ware in Augenschein nehmen möge. Zwei Schleichschritte, ein Zögern, ein Wiegeschritt, eine Vierteldrehung, wie man es in der Tanzschule lernt.

„Stellen Sie sich gefälligst hinten an, wie alle anderen auch!“

Man sieht bei einem frischen Zeitalter doch gar nicht, wo hinten ist. Das dürre Weib hebt eins der Splitsteinchen auf und wirft es nach mir. Mir hat man beigebracht, keine Steine auf Lebewesen zu werfen, und seien sie noch so klein. Auch nicht, wenn man sich nichts zu Schulden kommen lassen hat. Ich weiß, ich weiß, Gott hat andere Ansichten dazu, doch ich wollte es immer besser machen als er. Darum habe ich auch auf die Schöpfung verzichtet. Die Menschheit ist mir unheimlich, doch was der Händler feilbietet, möchte ich trotzdem wissen. Also nutze ich die Wartezeit, um mich in Geduld zu üben. Kaufen werde ich freilich nichts. Mein Portemonnaie sperrt das leere Kleingeldfach auf wie ein hungriges Vogelkind den Schnabel.

Fleischwürste und Kurzwaren liegen in des Krämers Karren friedlich nebeneinander. Meine Stimmung verdüstert sich, ich schlage den Kragen hoch und gehe. Im Stiegenhaus sitzt das neue Zeitalter auf dem Treppenabsatz. Müde hebt es die Hand zum Gruß.