Der Luftzug und der Satz

Einen Satz brauchte ich, ungefähr so groß, dass er bequem in meine Tasche passt, dass er, gegeben den Fall, ich würde ihn ganz klein schreiben, sogar auf einen Stecknadelkopf gekritzelt werden könnte. Die Stecknadel hätte Platz in einem meiner Ärmel, und bräuchte ich den Satz dringend, könnte ich ihn lesen. Bloß, wo sollte ich einen solchen Satz finden?
Ich ging durch meine Wohnung und ein kalter Luftzug folgte mir. Wohin ich auch kam, er war schon da, oder überholte mich gerade, als ich die Türen öffnen wollte. Im letzten Zimmer angekommen, drehte ich mich blitzschnell um und stellte ihn zu Rede: „Wer gibt Dir eigentlich das Recht über meine Wohnung zu verfügen, als würdest Du Miete zahlen?”
Doch der Luftzug dachte gar nicht daran zu antworten und pfiff sich eins. Ich versuchte ihn zu ignorieren, aber es gelang mir nicht; er richtete es immer so ein, dass ich ihn in meinem Augenwinkel sehen musste. „Dann sag mir doch wenigstens den Satz, den ich suche!” Der Luftzug erwog nicht einmal, mit dem Pfeifen aufzuhören. „Lieber Luftzug, hat das Lied, das Du pfeifst, irgendetwas mit dem Satz zu tun, den ich suche?”

Der Luftzug nickte fast unmerklich. Doch ich kannte das Lied nicht und so wurde es mir zu bunt: Ich schloss die Wohnungstür und alle Fenster; der Luftzug verschwand ohne Gruß. Der Satz, den ich schließlich fand, war übrigens an der Unterseite meines Tischs mit Heftzwecken befestigt. Er lautet: Die Wüste lebt in meinem Atem. Wenn das jemandem weiterhilft.