Im letzten Moment

Johanna Pelzfuß kann sich nicht für Bootsfahrten begeistern. Man sitzt unbequem auf einem häufig nassen Bänklein aus Holz oder Plastik und um einen herum gluckert und platscht es, als führe man im Magen eines Riesen dahin. Das stete Auf und Ab ist fad und unvorhersehbar zugleich, genau wie das Leben.
Schon als Kind hatte Johnanna das Weite gesucht, wenn ihr Großvater sonntags rief: „Auf, auf, Nannerl! Wir machen eine Bootsfahrt mit dem Kaplan!“
Mag sein, dass der Kaplan Johannas Abneigung gegen alles Nautische noch befeuerte, wenn er mit aufgeblasenen Backen und schwitzendem Wanst die Ruder schwang und sie und den Großvater Seemannslieder dazu singen ließ. Bei der anschließenden Wanderung atmete er Johanna in den Nacken und kniff sie in die Brust. Der Großvater war auf sein eigenes Seelenheil bedacht und drückte beide Augen zu.
All das kommt Johanna Pelzfuß wieder in den Sinn, als der Mann mit dem wilden Blick erwähnt, er habe ein eigenes Boot. Bis eben hat sie noch Gefallen an ihm gefunden. Wie er seine Hände beim Erzählen bewegt, das kleine Zucken der Nasenspitze, wenn er nach einem Wort sucht, die eigentümliche Art, auf die er die Vorsilbe „ge“ ausspricht. Dazu die Augen, als blicke man in einen Dschungel und eine scharfe Kante am Kinn. Johanna war verzaubert. Schon hört sie in der Ferne den Donner einer herannahenden Welle der Enttäuschung. Gleich, gleich, gleich wird sie davon fortgespült werden. Sie hält mit beiden Händen ihre Handtasche umklammert und sucht nach passenden Abschiedsworten.
Doch die Welle rollt an ihrem Tischchen vorbei, direkt hinter dem Rücken des Mannes. Ein Riesenkrake taucht aus der Gischt auf, reißt den Mann von seinem Stuhl und zieht ihn in die Tiefe. Johanna Pelzfuß seufzt erleichtert.