Abschluss

Pletha, der Kreter sagte laut und überdeutlich: „Ich hasse Menschen, die andere beurteilen und werten.“
Er zog vor uns eine Uniform an und fühlte sich endlich wie Wurst in Pelle und nicht mehr nur wie formloses Brät.
Wir anderen sammelten uns im Halbkreis – unter Wahrung eines gewissen Sicherheitabstands – um ihn; Pletha war im Ort für seine oftmals recht feuchte Aussprache bekannt, man tat gut daran, ihm nicht zu nah zu kommen.
Dann fing er an zu schreien. Und zu spucken. Er schrie und er spuckte, er schaute uns Zivilisten dabei verächtlich an:
„Ich muss mich nicht entscheiden. Ihr könnt mir keinen Vorwurf machen, dass ich mich nicht entscheide. Nicht zwischen Palästinensern und Israelis, nicht zwischen Ukrainern und Russen, nicht zwischen Rattenball Leipzig und TSG Hoppenheim. Ich muss nicht, ich will nicht, ich werde nicht. Steckt euch euer Entweder-Oder in den Arsch, an den Hut, sonst wohin.
Von außen kann ich Dinge so oder so nicht beurteilen, mir bestenfalls eine unqualifizierte Meinung bilden. Eine solche habe ich bereits, eine unqualifizierte Meinung. Wollt ihr sie hören? Ich teile sie aber nicht.
Laufend werde ich angebrüllt: ‚Entscheide dich für mich – denn alles andere bezeugt nur deine Barbarei!‘
Ihr wollt meine unqualifizierte Meinung? Ich sagte bereits, die teile ich nicht.“
Pletha räusperte sich, spuckte aus – dann schwieg er. Es war, als hätte ihn jemand abgeschaltet, so laut schwieg er. Die Zuhörer zerstreuten sich langsam und als Vorletzter ging auch ich. Stunden später, die Sonne war bereits untergegangen, stand er noch immer da und schwieg aggressiv vor sich hin. Ich streckte ihm im Vorbeigehen die Zunge raus, doch es schien ihn nicht zu stören.