Das Odikolon

Als ich vor ein paar Tagen am Briefkasten vorüberging, stieg mir der Duft von Kölnisch Wasser in die Nase, mit dem mein Vermieter seine Briefe zu parfümieren pflegt. Voller Unbehagen nahm ich den lila Umschlag in die Hand und befühlte ihn vorsichtig. Nur ein Blatt.

Sehr geehrte Mieterin … blablabla … im Angesicht der rasenden Inflation sehen wir uns gezwungen … blablabla … Mieterhöhung um 15% … blablabla … gesetzeskonform.

Sollte ich die Erhöhung ablehnen, stünde es mir frei, zur bisherigen Miete in den Fahrradschuppen zu übersiedeln. Als Dank für jahrelange Treue würde mir in den nächsten Tagen ein Fläschchen Odikolon zugehen.

Da ich ein bescheidener Mensch bin, stört es mich nicht, dass kleine Frösche aus meinen Wasserhähnen springen, sobald ich das Wasser aufdrehe. Und aus den Schimmelpilzen im Badezimmer bereite ich eine schmackhafte Nudelsoße. Eine Mieterhöhung hielt ich bei dem heruntergekommenen Zustand meiner Wohnung dennoch für ungerechtfertigt. Also nahm ich das Telefon zur Hand, um mit Herrn Farina, meinem Vermieter, über die Angelegenheit zu sprechen.

„Ach was!“, rief er, nachdem ich geduldig zu den Klängen von Freude schöner Götterfunken in der Warteschleife ausgeharrt hatte. „Renovieren Sie halt mal! Dann ist die Wohnung das Geld schon wert und Sie werden zufrieden sein.“

Nun habe ich mein Wohnzimmer in zentralem Höhlengrau gestrichen. Und siehe da! Verschwunden ist das Entsetzen, das mich beim Anblick meiner Kontoauszüge gewöhnlich packt. Auf die einfachsten Sachen kommt man oft gar nicht.

Jeden Abend nehme ich ein Schlückchen Odikolon und proste Herrn Farina voller Dankbarkeit zu.