Leseprobe

Arbeit statt Strafe von Daniel Boente – Blick ins Buch

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Nur weil man sich in einer Realität zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort wohlfühlt, hat man keinen besonderen Anspruch auf Zugang zu dieser speziellen Wirklichkeit. Das Universum schuldet niemandem etwas. Auch nicht Friedrich Eisleben, der eines Morgens einen Anruf bekam und der sich jetzt vor dem beigefarbenen Gebäude wiederfindet und ein letztes Mal an seiner Zigarette zieht, bevor er sie mit der Hacke seines Stiefels zertritt. Seit dem Vorstellungsgespräch hat er das Tageslicht gescheut, bis spät am Nachmittag im verdunkelten Schlafzimmer gelegen und sich die Decke über den Kopf gezogen, wenn die Außenwelt zu ihm vordringen wollte. Er…

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„Weiße Nächte mit Miesmut“ – Blick ins Buch

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Der Weg zur Nusshändlerin war beschwerlich und von zerschlissener Begrünung gesäumt. In den Hinterhöfen Kinder in kurzen Hosen aus braunem Tuch. Sie spielten mit alten Dosen, als kämen sie aus einer anderen Zeit. Ein muffiger Sprühregen setzte ein, der Schmutz auf dem Gehweg wurde schlüpfrig. Sie kniff die Augen zusammen. Durch die Tropfen an ihren Wimpern sah sie wie durch einen Schleier das geduckte Gebäude, in dessen Erdgeschoss sich der Nussladen befand. Wie ein vor Wochen gehäuteter Igel. Die Fenster waren dunkel und das Schild über der Ladentür war entfernt worden. Besorgt trat sie näher, in der Hoffnung, eine Nachricht…

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„Der Galgenmann“ aus „Der schreckliche Feuerbach“

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Sind wir in den letzten Stunden, die mir Jahre waren, Achterbahn gefahren: Ich liege wie tot, kann mich nicht bewegen, kann die Augen nicht öffnen. Ich weiß nicht, wie es dem Jungen geht, weiß nicht, ob Viktor noch lebt, ich weiß nicht, ob ich den Morgen sehen werde. Erst bin ich gefallen, ungebremst ins Unbegrenzt, ins Bodenlose. Der Junge hat geschrien, Viktor geweint. Ich habe geglaubt, ich habe gemeint, die Welt geht unter und wir mit ihr. Als wir die Pflanze an ihren Blättern aus dem Eimer ziehen wollten, brüllte sie, dass wir erschrocken innehielten. Es war der Junge, der den Einfall hatte, das Gesträuch mit Hilfe…

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„Unbehagen in Bad Sodom“ – ein Blick ins Buch

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Samuel Duda seufzte innerlich. Nach außen drang kein Laut. Er ließ von der Kiste ab und setzte sich. Traurig blickte er aus dem Fenster. Zäh quoll der Verkehr durch die Hauptstraße von Bad Sodom. Er schaute auf die andere Seite der Straße, wo auf den Dachterrassen die Nachmittagssonne alles in warmes Licht tauchte. Da drüben, dachte er, müsse die Welt in Ordnung sein. Die Straßenseite, auf der er lebte, lag wie immer im Schatten. Er hatte den ganzen Vormittag versucht, die vermaledeite Kiste zur Wohnungstür zu schaffen, aber sie war zu schwer. Und selbst wenn er die Wohnungstür erreichen würde,…

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